Der Glanz der Unsichtbaren


40% der Obdachlosen in Frankreich sind Frauen. Und mit Frauen, die einst selbst auf der Straße lebten hat Louis-Julien Petit seine sozialrealistische Komödie gedreht, die sich in Frankreich zum Überraschungserfolg entwickelte.

Im Norden Frankreichs leitet Manu (Corinne Masiero) ein Tageszentrum für obdachlose Frauen. Jeden Morgen, kurz vor acht Uhr öffnen Manu und ihre Mitarbeiterinnen Audrey (Audrey Lamy), Angélique (Déborah Lukumuena) und Hélène (Noémie Lvovsky) die Pforten. Zu diesem Zeitpunkt stehen die Frauen unterschiedlichen Alters, manche sehr jung, die meisten älter, verlebt, schon länger an, warten darauf, sich im Aufenthaltsraum auszuruhen, einen Kaffee zu trinken, zu duschen. Abends müssen sie wieder hinaus, müssen hoffen, dass sie in einer Unterkunft ein Dach über dem Kopf finden. Auch wenn sie es laut dem Gesetzt nicht dürfen, versuchen Audrey und ihre Kolleginnen den Frauen aktiv zu helfen, organisieren Workshops und lassen die Frauen sogar in der Unterkunft übernachten. Auch wenn dies nur kleine Schritte sind: Das Selbstvertrauen und die Selbstachtung der obdachlosen Frauen steigt enorm.

Das besondere an Regisseur Louis-Julien Petits Ansatz ist, dass er neben einigen Profis, vor allem viele Laien besetzt hat, Frauen, die früher auf der Straße gelebt, inzwischen jedoch den Absprung geschafft haben. Die Authentizität echter Erfahrungen ist dann auch die größte Stärke eines Films, der in losen Szenen zeigt, wie soziales Engagement oft an bürokratische Hindernisse stößt. Allzu organisiert ist das System, allzu ignorant gegenüber der Schwierigkeit von Obdachlosen, sich nach Jahren auf der Straße, wieder in Strukturen einzufügen. Im Ansatz erinnert Petits Film an Ken Loach oder die Dardenne-Brüder. Viel loser beschreibt Petit das Leben um das Tageszentrum, stellt lose Beobachtungen nebeneinander und konzentriert seinen Blick nur in Momenten auf das Schicksal einer einzelnen Protagonistin. Doch gerade in den Momenten, die stärker dokumentarisch wirken, in denen die Geschichte deutlicher am Schicksal der Darstellerinnen entlang erzählt ist, entstehen berührende Momente in denen deutlich wird, wie wenig es diese Frauen verdienen, unsichtbar zu sein.

Frankreich 2018
Regie: Louis-Julien Petit
Darsteller: Audrey Lamy, Corinne Masiero, Noémie Lvovsky
102 Minuten
ab 6 Jahren

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