Aquarela (OmU in HFR-Projektion)

Wasser - als Eis, als wogendes Meer, als Regen oder Wasserfall - spielt die zentrale Rolle in Viktor Kossakovskys brillantem Filmessay, einer psychedelische Erfahrung in gewaltigen Bildern.

Der Film startet mit Irritationen. Männer knien auf dem Eis eines Sees, wo andere mit schwerem Gerät bereitstehen. Sie beugen sich tief über die Eisoberfläche. Handelt es sich um merkwürdige Rituale? Tatsächlich sind sie auf der Suche nach einem Auto, das hier ins Eis eingebrochen ist und nun geborgen werden soll. Das schmelzende Eis in der Umgebung und an den Rändern zum fließenden Wasser schafft den Soundtrack dazu. Während die Männer das Auto aus dem Eiswasser ziehen, fahren andere über den zugefrorenen See, wo das Eis manchmal schon so dünn ist, dass eine falsche Bewegung genügt, um auszurutschen und einzubrechen. Ein Auto versinkt vor der Kamera im See, zwei Insassen können sich retten, einer ertrinkt. Danach geht es zu den Gletschern Grönlands...

Der Mensch spielt in Kossakovskys Film lediglich als Statist mit. Nichts wird erklärt, es gibt eine klare Struktur durch die jeweiligen Schauplätze, aber jeder im Publikum baut sich seinen eigenen Film aus den Bildern und den Tönen, die zum großen Teil das Wasser selbst verursacht: das Knacken und Wispern und Knirschen von Eis, das Gluckern und Schwallen darunter, der dröhnende Gesang von Wogen im Wind – diese Musik ist alles andere als einschläfernd und beruhigend, ganz im Gegenteil: Sie putscht auf, sie macht auch Angst, aber sie fasziniert. Als Ergänzung serviert Viktor Kossakvsky zusätzliche Musik von „Apocalyptica“, die so spielen, wie sie heißen. Der Film weckt viele Gefühle, teils auch Urängste – wer leicht seekrank wird, sollte vielleicht lieber in den hinteren Reihen sitzen, und natürlich wird es auch einige geben, die von der ungewöhnlichen, beinahe poetischen Bilddramaturgie überfordert werden. Manches erinnert an Filme wie „Koyaanisqatsi“, vor allem der künstlerische Mut und das Vertrauen in die Kraft der Bilder. Aufgenommen mit 96 Bildern pro Sekunde und insgesamt realisiert mit einem unfassbar hohen technischen Aufwand bietet der Film ein aufregendes Kinoabenteuer auf höchstem Niveau.

Dokumentarfilm
Großbritannien, Deutschland, Dänemark, USA 2018
Regie: Viktor Kossakovsky
Musik: Apocalyptica
90 Minuten
ab 6 Jahren

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